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Das neue Gesetzespaket gegen Hass im Netz – Ein Kurzüberblick

Wir alle haben sie, wir alle nutzen sie, Social Media Plattformen und Apps wie Facebook, Instagram, Snapchat, Tik Tok uvm. Die tägliche, sogar stündliche, Nutzung von sozialen Medien ist lange keine Seltenheit mehr. Im Gegenteil, sie sind Teil unseres Alltags geworden und das schon ab einem frühen Alter. Doch der Umgang mit sozialen Medien ist nicht immer einfach; immer öfter sehen sich Nutzer im Internet mit Hassbotschaften konfrontiert – seien es triviale Beleidigungen und Cybermobbing oder gar terroristische Inhalte, Drohungen und Stalking – die digitale Verbreitung solcher wohlgemerkt rechtswidrigen Inhalte ist unaufhaltbar, oder etwa nicht?

Dass sogenannte „Hasspostings“ und „Cybermobbing“ unter Umständen strafbare Handlungen darstellen können und für Opfer allenfalls auch zivil- und medienrechtliche Ansprüche entstehen können, war schon vor dem neuen österreichischen Gesetzespaket gegen Hassbotschaften im Netz der Fall. Mit 1. Jänner 2021 traten aber nunmehr das neue „Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz“ (kurz: HiNBG) und das „Kommunikationsplattformen-Gesetz“ (kurz: KoPl-G) in Kraft, welches Betreiber bis 01.04.2021 umsetzen mussten und teils bereits medienwirksam umgesetzt haben. Damit wurden Straftatbestände und Ansprüche ausgeweitet, die Rechtsdurchsetzung für Betroffene erleichtert und Verpflichtungen für Kommunikationsplattformen geschaffen. Die neuen Regelungen im Kurzüberblick.

  1. Das Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz:

a) Strafrecht:

  • Ausweitung des § 107c StGB – Verschärfungen in den Bereichen Cyber-Crime und Bildnisschutz. Cyber-Mobbing ist nunmehr bereits nach dem ersten Posting (zB die erstmalige oder einmalige Veröffentlichung eines Nacktbildes) strafbar.
  • Ausweitung des Straftatbestands der Verhetzung nach § 283 StGB – Strafbar ist nunmehr auch die Verhetzung von Einzelpersonen aufgrund ihrer Religion, Ethnie oder Behinderung.
  • Neuer § 120a StGB – Strafbarkeit des sogenannten „Upskirtings“. Es handelt sich hierbei um eine Strafbestimmung gegen unbefugte Bildaufnahmen von Intimbereichen sowie die Verbreitung dieser Aufnahmen.

b) Medienrecht:

  • Erhöhung der Entschädigungsbeträge nach dem Mediengesetz für Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch ein Medium auf bis zu € 40.000,- bzw. € 100.000,- in besonders schweren Fällen und Einführung einer Mindestentschädigung (€ 100,-).

c) Rechtsbehelfe und Durchsetzung:

  • Meldung/Aufforderung zur Löschung und daraus resultierende Entfernung/Sperre rechtswidriger Inhalte durch die Kommunikationsplattform (Näheres dazu siehe unten).
  • Klage gegen die Plattform möglich, wenn diese rechtswidrige Inhalte trotz Aufforderung, nicht löscht.
  • Erstattung einer Strafanzeige weiterhin zulässig, wenn der Inhalt eines Postings strafbar ist. Diese Möglichkeit besteht auch, wenn der (echte) Name des Verfassers (noch) nicht bekannt ist.
  • Unterlassungsklage/Unterlassungsauftrag inkl. Beseitigungsanspruch gegen den Verfasser des Postings. Lässt sich die behauptete Rechtsverletzung schlüssig aus der Klage ableiten, können Gerichte künftig ohne mündliche Verhandlung einen Unterlassungsauftrag erlassen. Das Formblatt für die beim örtlich zuständigen Bezirksgericht einzubringende Klage und den Antrag auf Erlassung eines Unterlassungsauftrags steht auf justizonline.gv.at zum Download zur Verfügung.
  • Ausweitung der kostenlosen psychosozialen und juristischen Prozessbegleitung für Opfer.
  1. Das Kommunikationsplattformen-Gesetz:

a) Wer ist betroffen?

  • Grundsätzlich alle in- und ausländischen Anbieter von Kommunikationsplattformen, die in Gewinnerzielungsabsicht arbeiten mit
    • mehr als 100.000 in Österreich registrierten Nutzern oder
    • über € 500.000 in Österreich erwirtschaftetem Umsatz.
  • Ausnahmen:
    • Plattformen, die Waren oder Dienstleistungen anbieten (zB eBay, Willhaben) sowie Immobilien vermitteln oder Stellenanzeigen veröffentlichen;
    • Nicht-gewinnorientierte Online-Enzyklopädien (zB Wikipedia) und Bildungs- & Lernplattformen zur Wissensvermittlung;
    • Plattformen von Medienunternehmen im Zusammenhang mit deren journalistischem Angebot (zB Zeitungsforen);
    • Video-Sharing-Plattformen (zB YouTube).
  • Nach geltendem und gegenüber dem nationalen Recht vorrangigem EU-Recht ist für Dienstanbieter im Netz jedoch das Recht jenes Landes maßgeblich, in welchem sie ihren Sitz haben („Herkunftslandprinzip“), weswegen grundsätzlich nur österreichische Plattformen direkt betroffen sind. Ob das neue österreichische Kommunikationsplattformengesetz in der Praxis daher den gewünschten Effekt haben wird, bleibt abzuwarten. „Facebook“ hat die neuen gesetzlichen Anforderungen aber beispielsweise zumindest fristgerecht umgesetzt und die neuen Maßnahmen gegen Hassbotschaften auf seinen Plattformen (darunter zB auch „Instagram“) auch mit Nachdruck kommuniziert. Ganz nach dem Motto: „Tue Gutes und sprich darüber.“

b) Anforderungen an bzw. Verpflichtungen von Kommunikationsplattformen:

  • Bereitstellung eines wirksamen und transparenten Meldeverfahrens für behauptete rechtswidrige Inhalte, das eine einfache und ständig verfügbare Meldemöglichkeit bietet. Über die Meldefunktion ist auch zu erklären, wie mit Meldungen verfahren wird, sowie über das Ergebnis des Meldeverfahrens und die wesentlichen Entscheidungsgründe sowie den Zeitpunkt der allfälligen Entfernung oder Sperre zu informieren.
  • Bereitstellung eines wirksamen und transparenten Überprüfungsverfahrens (betreffend die Entscheidungen über Meldungen) samt Informationen dazu.
  • Bereitstellung eines Beschwerdeverfahrens über die Unzulänglichkeit der bereitgestellten Melde- und/oder Überprüfungsverfahren sowie Informationen über dessen Nutzung.
  • Unverzügliche Löschung/Sperre offensichtlich rechtswidriger Inhalte/Postings (spätestens innerhalb von 24h nach Meldung).
  • Löschung sonstiger rechtswidriger Inhalte/Postings (also wenn die Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich ist) innerhalb von maximal 7 Tagen nach Meldung.
  • Jährliche bzw. halbjährliche (bei über 1 Mio. registrierten Nutzern) Berichtspflicht gegenüber der KommAustria (=Aufsichtsbehörde) über den Umgang mit Meldungen.
  • Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten und Zustellbevollmächtigten.

Die im Gesetz vorgesehene Umsetzungsfrist für Kommunikationsplattformen ist mit bis 31.03.2021 abgelaufen. Seit diesem Zeitpunkt müssen die geforderten Systeme zur Meldung und Überprüfung rechtswidriger Inhalte bereitstehen. So haben österreichische Nutzer beispielsweise seit 01.04.2021 die Möglichkeit, auf Facebook und Instagram die neuen vereinfachten Meldeoptionen zu nutzen und sich so gegen rechtswidrige und strafrechtlich relevante Inhalte/Postings zur Wehr zu setzen. Die Einführung dieser vereinfachten Meldeoptionen durch internationale Kommunikationsplattformen ist in Hinblick auf das nach EU-Recht geltende Herkunftslandprinzip sehr erfreulich.

c) Strafhöhen:

Je nach Schwere des Verstoßes, Finanzkraft der Plattform, Anzahl der registrierten Nutzer und Häufigkeit/Wiederholung von Verstößen drohen Strafen in Höhe von:

  • Bis zu € 1 Mio., wenn kein verantwortlicher Beauftragter und/oder Zustellbevollmächtigter bestellt wird,
  • Bis zu € 10 Mio., wenn
    • kein bzw. kein taugliches Meldeverfahren bereitgestellt wird,
    • keine Maßnahmen zur Beurteilung von Meldungen und darauf beruhenden Löschungen/Sperren getroffen werden,
    • der Berichtspflicht nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen wird,
    • nicht dafür gesorgt wird, dass ein von einer Löschung/Sperre betroffener Inhalt zu Beweiszwecken gesichert und gespeichert wird,
    • kein bzw. kein wirksames und transparentes Überprüfungsverfahren bereitgestellt wird,
    • Auskünfte über personenbezogene Daten der die Meldung erstattenden Person anderen Personen als dieser selbst erteilt werden;
  • Weitere Strafen sind vorgesehen, wenn die Kontaktdaten des verantwortlichen Beauftragten und/oder Zustellbevollmächtigten nicht leicht zugänglich sind und/oder die Kommunikationsplattform ihren sonstigen Pflichten gegenüber der KommAustria nicht nachkommt.

Hier geht’s zum HiNBG und zum KoPl-G.

Für Fragen wenden Sie sich an: Árpád Geréd, Alexandra Prodan.

Stand: 26.04.2021

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